vendredi 19 mars 2010

Transgender Luxemburg

"Was ist dein Geschlecht?" Auf den ersten Blick eine sehr geschlossene Frage, auf die es - zumindest auf die Schnelle - nur zwei bündige Antworten geben kann: Frau oder Mann.


Beim Symposium heute von Transgender Luxemburg im Sitz von Cid-femmes war das Frage- und Antwortespiel zu diesem Thema etwas komplexer und weniger "linear". Dies mit dem Anliegen, transidenten Menschen gerecht zu werden.


Experten unterscheiden beim "Geschlecht" unterschiedliche Sichtweisen:

  • das biologische Geschlecht, das bei der Geburt anhand der primären Geschlechtsorgane (Penis, Scheide) festgestellt wird; bereits hier müsste man weiter ausholen, um vollständig zu sein: Chromosome, embryonale Entwicklung der Gonaden (Hoden und Eierstöcke), Hormone...
  • das soziale Geschlecht (Gender), d.h. die geschlechtliche Zuweisung von aussen und die daran gekoppelte soziale uznd kulturelle Prägung; wir gestalten unser Mann- und Frausein in Rollen und Funktionen, in Normen und Werten, die weniger unserer "Natur" entsprechen, als vielmehr gesellschaftlich und kulturell tradiert werden (Bsp. Frauen erziehen und pflegen, Männer übernehmen körperlich harte Arbeit)
  • das psychische Geschlecht; gemeint ist das tief empfundene innere Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht - unabhängig davon, ob dieses nun biologisch "passt" und uns von aussen zugewiesen ist oder nicht; bei transidenten Menschen passt die Geschlechtsidentität nicht zum biologischen und also auch zu dem seit der Geburt zugewiesen Geschlecht
  • das sexuelle Begehren; die Rede geht auch von der sexuellen Orientierung eines Menschen; welchen Partner begehre ich als Mann: Frauen, Männer, Kinder, weitaus jüngere oder weitaus ältere Partner

Schön, wenn alles normal passt! Eine biologische Frau, die als solche fühlt und von aussen anerkannt wird und die sich in etwa gleichaltrige Männer verliebt. Oder - entsprechend - der heterosexuelle Mann.

Dies ist die "Norm", d.h. das ungeschriebene und uns von klein auf übertragene Gesetz der breiten Mehrheit. Wer dieser Norm entspricht, wird in seinem familialen und sozialen Umfeld bestätigt, nimmt keine etwaigen Probleme wahr, verwechselt häufig die Norm (was gesellschaftlich als Massstab gilt) mit der Natur (was biologisch vorgeben ist). Das bedeutet rasch, dass jede/r, die/der anders "tickt", als "verrückt" oder "unmoralisch"gilt. Sie/er vergeht sich mehr oder weniger schändlich - an den unantastbaren Gesetzen der Natur und des Lebens oder gar an der von den Göttern (von Gott) eingesetzten Wahrheit. Unmoralisch, sündhaft und strafbar! Oder?

"Schön", wenn alles passt!, so habe ich eben geschrieben. Ich möchte korrigieren: "Angenehm und bequem", wenn alles passt! Das Adjektiv "schön" ist bereits wertend und geht somit an der häufig leidvollen gelebten Wirklichkeit ungezählter Menschen vorbei: Frauen und Männer mit einer "anormalen" sexuellen Orientierung (unter ihnen Lesben und Schwule), Frauen und Männer, die sich mit dem ihnen zugewiesenen Geschlecht nicht identifizieren (Transidentität).

Die Tagung heute setzte sich anhand unterschiedlicher Fragestellungen mit dem Thema "Transgender" auseinander. Das Symposium war geprägt durch die hohe Fachlichkeit der Referenten und das persönliche Engagement betroffener Teilnehmer/innen. Den Organisatoren gebührt Anerkennung und Lob.

Die Transgenderthematik gibt ethische, religiöse und politische Fragen auf.

Wie schaffen es transidente Menschen, ein positives Selbstbild zu entwickeln, wenn das familiale, soziale und berufliche Umfeld abwertend reagiert, sie aussondert, sie als Kranke oder gar Kriminelle abstempelt? Wer von uns - den nicht Betroffenen - dabei "mitspielt", handelt im hohen Mass unverantwortlich und unmoralisch. Es spricht Bände, wenn Organisatoren des Symposiums es sich aus privatem und beruflichem Selbstschutz nicht leisten können, unter ihrem effektiven Familiennamen aufzutreten.

Mir persönlich fällt es schwer, an einen Gott zu glauben, der Menschen aburteilen und bestrafen wollte, die in ihrer sexuellen Orientierung oder Identität den gängigen Normen nicht gerecht werden. Gott erwartet, dass wir unser Leben im Geist der Liebe, der Wahrheit, der Güte und der Geschwisterlichkeit gestalten. Das schliesst transidente oder homosexuelle Mitmenschen keineswegs aus. Sündig wird, wer hasst, demütigt, aussondert, abwertet, Gewalt antut, lügt, sich Übergriffe leistet, den Willen anderer bricht... Dies schliesst normale Heteros keineswegs aus.

Mit ihren Gesetzen und übrigen Massnahmen sondern Staaten gewollt und ungewollt transidente Bürger aus. Betroffene qualifizieren solches als mit den Menschenrechten unvereinbare öffentliche Gewalt. Hier sind Politiker mit Zivilcourage gefordert. Wer sich für die Rechte kleiner und in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stossende Minderheiten einsetzt, darf in aller Regel kaum mit breiter Zustimmung rechnen. Und doch misst sich die Güte unserer Freiheit, unserer Toleranz und unserer Demokratie an dem Engagement für die gleichen Rechte aller Bürgerinnen und Bürger , dies über die Grenzen und Barrieren unserer jeweiligen Unterschiedlichkeit hinaus.

Wer mehr wissen möchte: tgluxembourg@gmail.com

Luxemburg, 19. März 2010.

Mill Majerus

2 commentaires:

  1. http://historypsychiatry.wordpress.com/2010/02/17/transsexualisme-et-psychiatrisation/

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